Jedes Krankenhaus zählt!
Für gute Gesundheitsversorgung im ganzen Land
Zum Stand der Thüringer Krankenhäuser und Vorschläge für die Jahre 2024 - 2029
Ein Diskussionspapier der beiden Vorsitzenden der Partei Die Linke Thüringen, Ulrike Grosse-Röthig und Christian Schaft, sowie Heike Werner, Mitglied im Vorstand der Thüringer Linkspartei und Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Heike Werner.
Fallstricke von Lauterbachs „Krankenhausreform“ & Fehler der Ampel
In den vergangenen Jahrzehnten wurden mehr und mehr Aspekte der öffentlichen Daseinsvorsorge zur Ware, auch wesentliche Bereiche unserer Gesundheitsversorgung. Für Krankenhäuser heißt das zum Beispiel, dass sie nur bei konkreten Behandlungen Geld erhalten, was zu fatalen Fehlentwicklungen geführt hat. Das bestehende System ist ein Anreizsystem für möglichst viele Behandlungsfälle – schlicht, um die Einnahmen zu verbessern, zum Teil auch, um weniger gut finanzierte, aber notwendige Behandlungen quer zu finanzieren. Bestimmte Operationen und Behandlungen sind nicht lukrativ, andere – medizinisch oft weniger sinnvolle – jedoch besonders einträglich. Diese Entwicklung geschah auch auf dem Rücken der Beschäftigten: Personalmangel, Pflegenotstand und teilweise auch Lohndumping waren die Folge. Weniger „rentable“ Bereiche, wie die Kinder- und Jugendmedizin, drohen unterzugehen, weil sie sich nicht „rechnen“.
Die Idee „Alles sollte der Markt regeln“ und damit die Privatisierung und Ökonomisierung war offensichtlich eine schlechte: Aufgrund dieser durch die Bundespolitik vorangetriebenen Ökonomisierung befinden sich bundesweit viele Krankenhäuser – so auch in Thüringen - heute in wirtschaftlichen Problemen und Versorgung sowie Arbeitsbedingungen könnten besser sein, als sie sind. Die schwierige Situation der Sternbach-Klinik ist erneut ein Beleg dafür, dass sich dringend etwas an den Rahmenbedingungen ändern muss.
Die „Ampel“-Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat es versäumt, diesen Fehlentwicklungen schnell und klar entgegenzuwirken. Stattdessen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein Krankenhaus-Transparenzgesetz durchgesetzt, das die wirtschaftliche Not nicht beenden wird, aber zu mehr Bürokratie und Belastungen führt. Das Vergütungssystem unserer Krankenhäuser muss durch den Bund so geregelt werden, dass nicht mehr die falschen Anreize des bisherigen Fallpauschalensystems gesetzt werden. Dieses System muss überwunden werden. Wir brauchen eine bedarfsgerechte Kostendeckung, die auch die Vorhalteleistungen der Krankenhäuser finanziert: Wer eine Notaufnahme oder eine Geburtsstation vorhält, darf nicht bestraft werden. Bis diese Reform wirkt, muss der Bund eine Übergangsfinanzierung leisten, die verhindert, dass einzelne Standorte auf der Strecke bleiben. Um zu gewährleisten, dass das neue Bundesgesetz funktioniert, muss eine Auswirkungsanalyse her, die die zukünftigen Folgen des neuen Bundesgesetzes untersucht. Auch hier verzögert die „Ampel“.
Jeder Krankenhausstandort in Thüringen wird gebraucht!
Statt des bisherigen Fallpauschalensystems müssen gute und auskömmliche Vergütungen für die medizinischen Leistungen sichergestellt werden, die von den Menschen im Land auch wirklich gebraucht werden - insbesondere auch in unseren ländlichen Regionen. Entscheidend ist für uns, dass die Grundversorgung weiterhin in der Fläche wohnortnah garantiert wird. Planbare Operationen und spezifische Eingriffe können und sollten vor allem dort stattfinden, wo die größte Erfahrung mit diesen Fällen vorhanden ist. Die Bedarfsprognose bis zum Jahr 2030 zeigt deutlich, dass der Wegfall einzelner Versorgungsangebote in vielen Regionen die Fahrzeiten zu Ärzt:innen teilweise deutlich erhöhen würde. Unser Anspruch ist, dies zu verhindern und die bedarfsgerechte Weiterentwicklung jedes einzelnen Standortes unterstützen. Verändern um zu erhalten ist unser Anspruch. Wie andere ostdeutsche Bundesländer hat Thüringen in den vergangenen 30 Jahren bereits eine Strukturbereinigung der Krankenhauslandschaft durchlebt. Ergebnis ist ein hoher Konzentrationsgrad der Krankenhausstandorte und Behandlungsstrukturen. Versorgungsqualität und Erreichbarkeit stehen für uns im Mittelpunkt – mit Krankenhäusern als zentralen Partnern im Verbund der Gesundheitsversorgung, tiefer Verwurzelung in ihren Regionen und als gute Arbeitgeber mit starken Betriebsräten.
Mit dem Werkstattprozess „Zukunft.Gesundheit.Thueringen.2030“ haben wir einen breiten Beteiligungsprozess initiiert, um alle einzubeziehen, die es angeht. Dies gipfelt nun im neuen Thüringer Krankenhausplan, der im Juni auch einstimmig im Planungsausschuss beschlossen wurde. Das hierzu angefertigte, unabhängige Gutachten zur Weiterentwicklung der Thüringer Krankenhausplanung zeigt, dass die bestehenden Standorte für die medizinische Versorgung in der Fläche zwingend benötigt werden.
Im Jahr 2022 versorgten die 54 Krankenhäuser in Thüringen etwa eine halbe Million Patient:innen. Das Gutachten zeigt, dass die Erreichbarkeit von Krankenhäusern in Thüringen insgesamt gut bis sehr gut ist. Dies ist in einem Flächenland mit oft weiten Wegen in die größeren Städte wichtig. Die Vernetzung von Basisversorgung und Spezialisierung wird damit immer bedeutsamer. Deswegen wollen wir genau diese Struktur erhalten und weiter ausbauen. Im Bundesvergleich haben wir sehr viele aufgestellte Betten pro Einwohner: in. Gleichzeitig geht die Zahl der vollstationären Behandlungen in den letzten Jahren kontinuierlich zurück, auch weil viele Behandlungen, für die früher noch ein Krankenhausaufenthalt notwendig war, mittlerweile ambulant stattfinden können. Daher haben wir bezüglich der verfügbaren und ungenutzten Betten in den Thüringer Krankenhäusern sehr gute Reserven. Mit unserer Thüringer Krankenhausplanung erreichen wir gute und effiziente Strukturen und werden die Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung weiter stärken. Die weitere Reform und Digitalisierung der Notfallversorgung wird dabei ebenfalls zentral sein.
Unsere Erfolge: Investitionen und Bürgschaftsprogramm
Die von der Partei Die Linke und Bodo Ramelow geführte Landesregierung und das links geführte Gesundheitsministerium unter Heike Werner verfolgen seit 2014 konsequent einen Kurs der Stärkung der Krankenhauslandschaft in Thüringen. Im Rahmen des Thüringer Krankenhausinvestitionsprogramms haben wir in den letzten Jahren mehr als eine halbe Milliarde Euro eingesetzt, um die Kliniken und Krankenhäuser mit Landesmitteln auszubauen. Weitere Landesmittel fließen jährlich aus dem Krankenhauszukunftsfonds und dem Krankenhausstrukturfonds. Mit dieser Investitionsoffensive werden Baumaßnahmen an Thüringer Krankenhäusern fortgeführt und neue Investitionsprojekte ermöglicht. Insbesondere die Notfallversorgung wurde baulich gestärkt, Versorgungslücken werden geschlossen. Auch die Beschaffung von innovativer Technik und wichtige Digitalisierungsmaßnahmen konnten wir so fördern. Die medizinische Versorgung für die Menschen in Thüringen wird dadurch weiter verbessert. Die Thüringer Kliniken und Krankenhäuser werden gleichzeitig attraktivere Arbeitgeber:innen mit besseren Arbeitsbedingungen.
Die Folgen des Ukraine-Kriegs, insbesondere die gestiegenen Energiepreise und die Inflation, haben die Kosten für die Kliniken massiv erhöht. Darüber hinaus haben die begrüßenswerten Tarifsteigerungen die Personalkosten ebenfalls steigen lassen. Die Krankenhäuser können ihre Mehrkosten aber nicht einfach an die Patient:innen weitergeben. Ohne zusätzliche Finanzhilfen besteht die Gefahr, dass einige Häuser weiter in Schieflage geraten. Aktuell sind vom Bundesgesundheitsministerium jedoch keine kurzfristigen Liquiditätshilfen vorgesehen, obwohl die Bundesländer – auch Thüringen - das massiv einfordern. SPD und Grüne im Bund dürfen sich bei diesem wichtigen Zukunftsthema dem verbohrten und gefährlichen Spardiktat der FDP gerade auch mit Blick auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen nicht weiter beugen. Die Thüringer Landesregierung arbeitet deshalb an einem eigenen Bürgschaftsprogramm für unverschuldet in Not geratene Thüringer Kliniken, um notwendige Kredite zur Überbrückung abzusichern und Krankenhäuser in wirtschaftlicher Schieflage haben auch jetzt schon die Möglichkeit, sich beim Land zu melden. Wir wollen diesen Rettungsschirm, der unsere Krankenhäuser schützt und eine gute, wohnortnahe Versorgung auch in unseren ländlichen Gebieten in der Zukunft sichert.
2024 – 2029: Weiter für gute Versorgung investieren!
Die Herausforderungen für unsere Krankenhäuser sind gewaltig: Allein durch Fachkräftemangel und Bevölkerungsrückgang in manchen Regionen sind weitere Maßnahmen erforderlich, die wir mit dem neuen Krankenhausplan entschlossen angehen. Obwohl wir die reinen Landesmittel für Investitionsförderungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht haben, ist klar, dass weitere Mittel folgen müssen. Nur so werden wir Thüringen auch zu einem noch attraktiveren Arbeitsplatz für medizinisches und pflegendes Personal machen, das unsere Krankenhäuser - und wir alle - so dringend benötigen. Die weitere Ausbildung und Gewinnung von Fachkräften steht daher ganz oben auf der Prioritätenliste unserer Landesregierung unter Führung der Linken.
Grundsätzlich sind die Thüringer Krankenhausstandorte sehr gut aufgestellt, einzelne Bereiche wie die geriatrische Versorgung und die Versorgung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie werden wir weiter verbessern. Die Vernetzung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung werden wir weiter vorantreiben, zum Beispiel durch die Förderung von Niederlassungen von Ärzt:innen auch außerhalb größerer Städte.
Die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Krankenhäuser in ganz Deutschland zeigen, dass Gesundheitsversorgung ein hohes, aber gefährdetes öffentliches Gut ist. Daher wollen wir auch Perspektiven entwickeln und fördern, um die öffentliche Hand in diesem Bereich wieder zu stärken. Wir finden: Krankenhäuser sollten nicht die Grundlage für den Profit von Konzernen sein. Sie müssen da sein für die Gesundheit und das Wohlergehen von Patient:innen.
Ulrike Grosse-Röthig / Christian Schaft / Heike Werner
Erfurt, 06. Juli 2024