Wahlprogramm zur Landtagswahl 2014

KAPITEL 2. BILDUNG, KULTUR, WISSENSZUGANG

DIE LINKE. Thüringen steht für das lebensbegleitende Lernen. Wir verstehen Kultur als Fundament unseres demokratischen Gemeinwesens. Beide sind Kennzeichen und Erfordernis moderner Gesellschaftsentwicklung.
Für DIE LINKE. Thüringen sind Bildung und Kultur zwei Seiten einer Medaille, die gemeinschaftlich als Säulen einer demokratischen Gesellschaft fungieren. Sie sind keine Ware, sondern ein Menschenrecht. Zu ihrer Verwirklichung wollen wie die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und sehen dies als eine der wichtigsten Aufgaben von Politik im Allgemeinen und thüringischer Landespolitik im Besonderen.
Trotz erkennbarer Fortschritte vertieft das gegenwärtige Bildungssystem noch immer soziale Ungleichheit durch mangelnde frühkindliche Bildung, fehlende individuelle Förderung, Unterfinanzierung und frühzeitige Auslese. Der Lehrkräftemangel wird zu einer permanenten Erscheinung.
DIE LINKE. Thüringen will deshalb eine inklusive Bildung in jeder Bildungsinstitution und eine generelle Kostenfreiheit von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule einschließlich der Bereitstellung eines kostenfreien Mittagessens in Kindertagesstätten und Schulen. Wir stehen für die Schaffung eines chancengerechten, demokratischen, emanzipatorischen Bildungssystems, welches die individuelle Förderung in jedem Bildungsbereich für jeden Menschen bietet und ein demokratisch organisiertes Zusammenwirken aller sicherstellt.

Bildung beginnt in Kindertagesstätten

Wir wollen die Kommunen langfristig in die Lage versetzen, Kindertagesstättenplätze kostenfrei anzubieten und Eltern-Kind-Zentren einzurichten. Sofort werden wir die Finanzierung der 2010 in Kraft getretenen Neufassung des Thüringer Kita-Gesetzes transparent und für die Kommunen auskömmlich gestalten.
Auf Grundlage moderner pädagogischer Konzepte soll die frühkindliche Bildung jedes Kindes umfassend gefördert werden. Die in diesem Bereich Arbeitenden müssen deshalb auf Hochschulniveau, bei gleichzeitiger Öffnung des Hochschulzugangs für Menschen ohne allgemeine Hochschulreife, ausgebildet werden. Wir setzen uns dafür ein, den Beruf der Erzieherin/des Erziehers aufzuwerten, eine bessere Entlohnung zu gewährleisten und den Personalschlüssel zwischen Erzieherinnen bzw. Erziehern und Kindern nach EU-Kriterien sicherzustellen.

Chancengleichheit in allen Schulen verwirklichen

Für DIE LINKE. Thüringen steht das Kind im Mittelpunkt. Alle Maßnahmen dienen dazu, für jedes Kind die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, damit alle die gleichen Chancen erhalten. Deshalb sollten Schulen Lern- und Lebensorte sein, die allen Kindern die Gelegenheit bieten, ihre Potenziale zu entfalten.
Wir setzen uns für eine konsequente Einführung der Gemeinschaftsschule ein. Eine Gemeinschaftsschule ist für uns eine Schule für alle Kinder, die den pädagogischen Prozess von der ersten Klasse an als Einheit versteht sowie eine inklusive Schule, die niemanden ausgrenzt, und in der alle Schülerinnen und Schüler individuell gefördert werden. Sie ist eine Schule, die sich dem Kind anpasst.
Derzeit bestimmt noch immer die soziale Herkunft über Bildungsweg und Bildungserfolg des einzelnen Kindes. Ein gegliedertes Schulsystem kann diesem Problem nicht wirkungsvoll begegnen. Im Gegenteil: Das Auseinanderreißen der Klassenverbände nach Klasse 4 verstärkt die Abhängigkeit von sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Mit der Einführung der Thüringer Gemeinschaftsschule als zusätzliche Schulform wurde das bestehende gegliederte Schulsystem weiter aufgefächert, an der Aufteilung nach Klasse 4 festgehalten.
Die von uns angestrebte Gemeinschaftsschule ist keine Schule neben anderen, sondern die eine für alle – flächendeckend. Wir konzipieren die Gemeinschaftsschule als Ganztagsschule, als Lern- und Lebensraum. Mit dem Aufgehen der Grund- und Regelschule in die Thüringer Gemeinschaftsschule sichern wir das längere gemeinsame Lernen und heben die breite Auffächerung des Schulsystems auf.
DIE LINKE. Thüringen steht für eine bessere Personalpolitik im Bildungsbereich. Bis zum Jahr 2024 wollen wir 5.000 neue Lehrkräfte einstellen. Damit verfolgen wir das Ziel, alle aus dem Dienst ausscheidenden Pädagoginnen und Pädagogen zu 100 Prozent zu ersetzen. Notwendig sind außerdem schulsozialpädagogische Fachkräfte an allen Schulen, die Aufstockung des sonderpädagogischen Personals und selbstverständlich der Aufbau einer Vertretungsreserve.
Wir wissen um die aufopferungsvolle Arbeit aller Beschäftigten – Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, sonderpädagogische Fachkräfte – in den Thüringer Schulen und danken ihnen für ihren Einsatz. Sie arbeiten im Interesse der Kinder und Jugendlichen häufig an der Leistungsgrenze. Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass trotz ungünstiger Rahmenbedingungen immer noch gute Bildung an unseren Schulen vermittelt wird. Es ist aber auch festzustellen, dass aufgrund der immer größeren Herausforderungen, die in Thüringen mit dem Pädagogenberuf verbunden sind, die Überlastung der einzelnen Fachkraft steigt. Aufgrund von fehlenden Neueinstellungen ist nicht nur unsere Lehrerschaft stark gealtert. Es musste immer mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt werden. Die Tätigkeit der Pädagoginnen und des Pädagogen ist dadurch vermehrt mit einem enormen Gesundheitsrisiko verbunden. Dieser Überbelastung muss endlich begegnet werden.
Mit Maßnahmen wie der Schaffung einer Vertretungsreserve, Gesundheits- und Altersteilzeitregelungen, der Berücksichtigung inklusiven Unterrichtsbedarfs sowie der Einrichtung von Arbeitszimmern für Lehrkräfte an Schulen wollen wir den steigenden Herausforderungen in der täglichen Arbeit unserer Pädagoginnen und Pädagogen begegnen. Die Kosten einer solchen Personalpolitik sind keine Ausgaben, sondern Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes.
Darüber hinaus ist es notwendig, das derzeit dreistufige System der Lehramtsausbildung zu reformieren und den Übergang vom Studium in das Referendariat und schließlich in den Beruf zu sichern. Bildungswissenschaften müssen im Studium der Lehramtsanwärterinnen und -anwärter gestärkt werden, Fachausbildung und didaktische Ausbildung gleichermaßen Beachtung finden. Dazu ist es auch erforderlich, ein Kompetenzzentrum zwischen den lehramtsausbildenden Einrichtungen zu schaffen. Zudem sind antirassistische und Anti-Bias-Konzepte in der Lehramtsaus- und Fortbildung unerlässlich.
Mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat sich Thüringen einer Aufgabe angenommen, welche nicht „nebenbei“ erledigt werden kann. Hier bedarf es eines zielgerichteten und nachhaltigen Vorgehens, bei der alle Beteiligten – Schülerschaft, Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern, Schulträger – mit auf den Weg zu nehmen sind. Unausgereifte Maßnahmen schüren nur Vorbehalte und verstärken Ressentiments gegenüber der Inklusion und dem gemeinsamen Unterricht.
Ein Bildungssystem, welches nach Leistungsfeststellungen in unterschiedliche Schularten einteilt, kann kein Bildungssystem der Inklusion werden. Neben der dringlichen Aufgabe, Barrierefreiheit zu verwirklichen, ist es aus unserer Sicht ebenso wesentlich, jeder Schule mindestens eine sonderpädagogische Fachkraft zur Seite zu stellen. Darüber hinaus wollen wir multiprofessionelle Teams an allen Schulen etablieren – bestehend aus Lehrkräften, Fachkräften der Sozial- und Sonderpädagogik, Schulpsychologie sowie anderen Professionen der Schulbegleitung. Inklusion ist nicht nur eine Pädagogik für Kinder mit Beeinträchtigungen. Inklusion ist für uns ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, den wir umfassend unterstützen werden.

Ausbildung für ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen

Die LINKE. Thüringen sieht in der beruflichen Ausbildung nach der Schule die Zeit, in der junge Menschen den Schritt in ein selbstbestimmtes Leben gehen und dabei den Platz bestimmen, den sie in der Gesellschaft künftig einnehmen wollen. Sie haben den Anspruch und das Recht, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen und ihr Leben auf eigene Füße zu stellen – unabhängig davon, ob ihr Qualifikationsort die Berufsschule, das Unternehmen oder die Universität ist. Die Grundbedingung hierfür ist eine grundlegende soziale Sicherung, welche die Abhängigkeit von den Eltern und/oder von aufreibenden Nebentätigkeiten beendet. Wir werden uns im Bund für ein generelles Mindestausbildungsentgelt für Auszubildende einsetzen. Als erste Schritte wollen wir eine Aufstockung der BAföG-Sätze für Auszubildende um 12 Prozent erreichen, dazu eine deutliche Erweiterung der Anspruchsberechtigten – auch im Schülerinnen- und Schülerbereich –, die Ersetzung von Privatkrediten durch zinslose staatliche Darlehen und eine staatliche Ausbildungsbeihilfe für alle, die in ihrer Ausbildung ohne Anspruch auf BAföG oder Ausbildungsentgelt dastehen.
Wir machen uns stark für ein thüringenweites Ausbildungsticket zur kostengünstigen ÖPNV-Nutzung für Studierende und Auszubildende, an dessen Finanzierung sich auch Arbeitgeber beteiligen sollen.
DIE LINKE. Thüringen will die qualitative Verbesserung der Berufsausbildung, um so Vertragslösungen zu mindern oder sogar Ausbildungsabbrüche zu erreichen. Dies umfasst die Ausbildungsbedingungen, eine bessere Bezahlung und gute berufliche Perspektiven für die Auszubildenden. Wir fordern in der Ausbildung, das Jugendarbeitsschutzgesetz sowie den Ausbildungsrahmenplan und arbeitsrechtliche Fragen einzuhalten, z.B. einen Ausgleich von Überstunden. Das Konzept „Gute Ausbildung“ als grundsätzliche Leitlinie für die Gestaltung beruflicher Erstausbildung werden wir in die Realität überführen, ebenso wie eine Ausbildungsplatzgarantie, welche auf Inklusion achtet und ein Abschieben in Warteschleifen oder ungewünschte Alternativen verhindert. Maßnahmen des Übergangsbereichs führen nicht zu einem Berufsabschluss und haben nur selten Integrationskraft. Aus unserer Sicht dürfen diese Maßnahmen nicht länger nur arbeitsmarktpolitische Instrumente sein. Vielmehr müssen sie der tatsächlichen Qualifizierung junger Menschen dienen. Darüber hinaus fordern wir eine Umlagefinanzierung für Ausbildungsplätze, die auf kleinste und neu gegründete Betriebe Rücksicht, aber vor allem die großen Betriebe, welche nicht ausbilden, in die Verantwortung nimmt. Gleichzeitig streben wir eine sinnvolle Koordination aller Ausbildungsaktivitäten nach regionalen und branchenspezifischen Gesichtspunkten an.
Wir wollen die Planung des Berufsschulnetzes in Moderation des Thüringer Bildungsministeriums nach überregionalen fachlichen Gesichtspunkten organisieren. Dabei sehen wir vor, kleinere Schulstandorte als regionale Bildungszentren zu erhalten. Unsere Zielpunkte sind kurze Wege für die Auszubildenden, eine Abstimmung der Bildungsprofile auf die regionale Wirtschaftsstruktur und die Vermeidung von Regionen mit weit unterdurchschnittlichem Berufsbildungsangebot.

Studium und Hochschule sozial und demokratisch weiterentwickeln

DIE LINKE. Thüringen will offene, soziale, inklusive und demokratische Hochschulen, an denen das Studieren für alle, von Anfang an und lebensbegleitend möglich wird. Wir sehen in einer kritischen, emanzipatorischen und kooperativen Wissenschaft einen Grundstein für eine freie und unabhängige Forschung und Lehre. Ein Studium soll wissenschaftliche Methoden vermitteln, mit denen die Studierenden zu selbstständigen Problemlösungen befähigt werden, aber auch dazu befähigen, gesellschaftliche Prozesse und die eigene Rolle im sozialen Gefüge kritisch zu reflektieren und eigene Schlüsse daraus ziehen zu können. Durch den Bologna-Prozess wird an den Hochschulen derzeit jedoch eine „Berufs-Ausbildung nach Marktbedürfnissen“ betrieben, in der kritische Wissenschaft keinen Platz hat. Dies führt zu einer Verschulung des Studiums; Hochschulen verkommen zu Lernfabriken mit oberflächlicher Schnellbildung.
Die strukturelle Unterfinanzierung der Hochschulen läuft dem politisch gewollten Anstieg der Studierendenzahlen derzeit deutlich entgegen. Die Folgen sind unzureichende Betreuung der Studierenden durch Lehrende, eine Verknappung der Studien- und Lerninhalte sowie Seminare, die nicht mehr allen gleichermaßen zugänglich sind.
Ziel muss es jedoch sein, Hochschulen einer breiten Gruppe von Menschen zugänglich zu machen. Wir werden den Zugang zu den Hochschulen daher öffnen. Eine Berufsausbildung qualifiziert aus unserer Sicht ebenso wie das Abitur zum Hochschulbesuch. Wir werden ausreichend Masterstudienplätze zur Verfügung stellen und die NC-Regelungen im generellen Zugang sowie zu den Masterstudiengängen abschaffen.
Um dies alles gewährleisten zu können, müssen die finanziellen Rahmenbedingungen hergestellt werden, um zum einen ausreichend Personal, zum anderen Sachmittel und entsprechende Investitionsprojekte auf die Beine stellen zu können. DIE LINKE. Thüringen will die Hochschulfinanzierung und damit zu allererst die Grundausstattung schrittweise erhöhen. Basis dessen muss eine transparente und demokratische Ausverhandlung der Finanzeckpunkte sein zwischen den Hochschulen, deren Statusgruppen und der Politik, die Entkopplung der Einwerbung von Drittmitteln von Studienindikatoren sowie ein Abschluss langfristiger Verträge der Hochschulen und mit dem Land.
Steigende Drittmittel führen an den Hochschulen zum stillschweigenden Abbau der öffentlichen Finanzierung. Der Anteil der eingeworbenen Drittmittel gilt als vermeintliches Markenzeichen für die Leistungsfähigkeit der Hochschulen, dabei stellen sie jedoch ein Planungsrisiko dar, da für den Anteil der Drittmittel keine langfristige und sichere Finanzplanung gewährleistet werden kann. Zudem gefährden Drittmitteleinnahmen und derartige Projektfinanzierung ohne eine transparent nachvollziehbare Förderungspraxis an den Hochschulen die Freiheit und Unabhängigkeit von Forschung und Lehre und bringen die Hochschulen über die Abhängigkeit der eingeworbenen Gelder in eine Abhängigkeit zu den Geldgebern.
Mit der Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes im Jahr 2006 wurde die innerhochschulische Demokratie zugunsten der Präsidien abgebaut, die Fremdbestimmung durch Hochschulräte nahm zu. Eine Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes ist dementsprechend in Bezug auf die Demokratisierung der Hochschulen dringend notwendig. Die Senate müssen gestärkt und paritätisch besetzt werden. Es ist nicht weiter hinzunehmen, dass in Fragen der Lehre und bei zentralen Entscheidungen zur Entwicklung der Hochschulen die größten Statusgruppen, Studierende und Mitarbeitende, in den Gremien unterrepräsentiert sind. Für selbstbestimmte Hochschulen im Rahmen der Hochschulautonomie müssen generelle Aufgaben und Funktionen im Thüringer Hochschulgesetz festgehalten werden. Das sind u.a. die Verantwortung der Hochschulen in der beruflichen und wissenschaftlichen Qualifikation der Lernenden, die Interdisziplinarität der Lehre und Forschung, die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, der Erhalt wissenschaftlicher Pluralität sowie die gleichberechtigte Mitbestimmung aller Hochschulangehörigen. Die Einhaltung soll durch einen demokratisch zusammengesetzten Beirat kontrolliert werden, der aus Vertretern des Parlaments, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Interessenverbänden besteht und neben eigenen Initiativen auf Veranlassung von Hochschulangehörigen tätig wird.
DIE LINKE. Thüringen spricht sich explizit für den Erhalt aller Hochschulstandorte und der sogenannten „Orchideenfächer“ aus. Wir plädieren für ein Promotionsrecht an Fachhochschulen, das fach- und themenbezogen organisiert ist.
Eine hohe Qualität in Lehre und Forschung geht nur mit fairen Regeln für „Gute Arbeit“ an den Hochschulen und dem konsequenten Zurückdrängen prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Wir werden die Professorinnen- und Professorenbesoldung in diesem Rahmen wieder von leistungsbezogenen Elementen entkoppeln, um die Bedeutung von Drittmittelakquise und des ökonomischen Einflusses auch in dieser Hinsicht abzuschwächen. Wir wollen dafür sorgen, dass Dauerstellen für Daueraufgaben geschaffen und Beschäftigungsverhältnisse nach der Prämisse „Gute Arbeit“ in finanziellen Verträgen zwischen Land und Hochschulen verankert werden. Zudem müssen für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte tarifrechtliche Regelungen auf Landesebene erarbeitet werden, darüber hinaus benötigen sie endlich eine personalrechtliche Vertretung – durch Anbindung an bestehende oder eigenständige Personalräte.
DIE LINKE. Thüringen setzt sich für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern ein und wird die Hochschulen verpflichten, sich zur gleichstellungsorientierten Personalentwicklung und -rekrutierung zu bekennen. Die Arbeit der Frauenbeauftragten/Gleichstellungsbeauftragten muss dabei aktiv unterstützt werden.
Wir fordern, mindestens nach Maßgabe des sogenannten Kaskadenmodells Quoten festzulegen, bei denen als Bezugsgröße der Anteil von Frauen in der jeweils vorangehenden Qualifikationsstufe zugrunde gelegt wird. Sie verpflichten in Bereichen mit einer strukturellen Unterrepräsentation von Frauen zu einer aktiven Rekrutierungspolitik. In der internen leistungsorientierten Mittelvergabe müssen Erfolge in der Gleichstellungspolitik ein maßgebliches Kriterium werden.
DIE LINKE. Thüringen bleibt bei ihrer generellen Forderung nach Abschaffung jeglicher Formen von Studiengebühren und Entgelten für Bildungsangebote an den Hochschulen. Wir wollen ein diesbezügliches Verbot im Thüringer Hochschulgesetz verankern. Studieren ist, so zeigte der letzte Sozialbericht des Deutschen Studentenwerkes, immer noch vorrangig ein Privileg für Kinder aus Akademikerfamilien. DIE LINKE. Thüringen will die Studienfinanzierung ändern und wird sich im Bund für ein elternunabhängiges, bedarfsgerechtes BAföG für alle, ohne Darlehensanteil als Vollzuschuss, einsetzen sowie für eine Erhöhung der Bedarfssätze als Inflationsausgleich der vergangenen 10 Jahre, Anpassung der Mietpauschale und die Aufhebung der Altersgrenzen. Damit soll auch Menschen im Teilzeitstudium der Anspruch auf eine finanzielle Ausbildungsförderung gewährleistet werden.
Die sozialen Studienbedingungen und vorhandenen sozialen Angebote spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Korrespondierend dazu werden wir das Thüringer Studentenwerk stärken, die Finanzierungsdeckelung durch das Land lockern und den finanziellen Bedarf des Studentenwerkes jährlich ermitteln, damit günstige Angebote in der täglichen Versorgung, der Beratung und bei Dienstleistungen aufrechterhalten werden können. Zentral ist zudem, den studentischen Wohnraum in Verantwortung des Studentenwerkes nachhaltig zu erweitern, psychosoziale Betreuungsangebote auszubauen und die Finanzierung des Studentenwerkes abzusichern.

Verantwortungsvolle Forschung und Technologie etablieren

DIE LINKE. Thüringen sieht im Bereich Forschung und Technologie eines der wichtigsten Standbeine für unser Land. Derzeit wird dabei allerdings vorrangig auf Spitzenforschung gesetzt, um innovative und dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Eine nachhaltige, verantwortungsvolle und ökonomisch wie ökologisch vertretbare Forschung lässt sich dauerhaft jedoch nur auf Grundlage einer breiten und finanziell gefestigten Basis etablieren. Deshalb wollen wir die Potenziale von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, Industrie- und Berufsakademien gezielt stärken, aber auch transparent machen. Ausgehend von demokratischen Entscheidungen muss wissenschaftliche Forschung auf die entscheidenden ungelösten Probleme der Gesellschaft konzentriert werden. Dabei darf die Forschung nicht nur auf der Verwertbarkeit von Ergebnissen im ökonomischen Sinne reduziert werden. Auch sogenannte Null- oder Negativergebnisse haben in der Grundlagenforschung und weiterführenden Forschung ihren Platz. Um der gesellschaftlichen Verantwortung von Hochschulen und damit Wissenschaft und Forschung gerecht zu werden, bleiben wir bei der Forderung nach einer Zivilklausel und dem Rüstungsforschungsverbot – verankert im Thüringer Hochschulgesetz.

Vielfalt der Erwachsenenbildung erhalten und finanziell absichern

DIE LINKE. Thüringen geht davon aus, dass demokratische Teilhabe eine umfassende Bildung braucht. Sie verbindet Menschen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft und ermöglicht erst eine funktionierende demokratische Gesellschaft. Es reicht nicht, von den Menschen die Bereitschaft zu „lebenslanger“ Fortbildung einzufordern, Politik und Gesellschaft müssen hierfür auch die Mechanismen und Ressourcen zur Verfügung stellen.
Die Ressource Zeit muss arbeitenden Menschen durch ein Bildungsfreistellungsgesetz für Thüringen bereitgestellt werden. Wir wollen die Volkshochschulen der Kommunen sowie die vielfältige
Landschaft der freien Bildungsträger mit ihrer breiten Palette an Fortbildungsangeboten entsprechend eines weit gefassten Verständnisses von Erwachsenenbildung weiterentwickeln. Es geht sowohl um die berufsbezogene als auch um politische, kulturelle und gesundheitliche Bildung.
Deshalb fordern wir einen Erwachsenenbildungspakt. Er soll unter Einbezug der künstlerisch-gestaltenden und musikalischen Bildung für Thüringen eine Stabilisierung und Aufwertung der Beschäftigungsverhältnisse in der Erwachsenenbildung und kulturellen Bildung erreichen sowie den Zugang aller zu qualitativ hochwertigen Weiterbildungsangeboten ohne finanzielle und zeitliche Hürden gewährleisten. Wir halten es für unabdingbar, dass 1 Prozent des Kultushaushaltes für die Erwachsenenbildung reserviert wird.

Kulturförderung als Zukunftsinvestition begreifen

Kultur ist Lebendigkeit, Widerspruch, Vielfalt und Inspiration. Sie regt zum Innehalten, zum Nachdenken und zur Meinungsbildung an. Für DIE LINKE. Thüringen ist Kultur der Grundstein für Demokratie, denn sie schafft Toleranz, Selbstvertrauen und ermöglicht die Kommunikation mit allen Menschen. Sie ist kein „Luxusgut“, sondern Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und eine essenzielle Zukunftsinvestition.
Deshalb stehen wir für eine nachhaltige Kulturförderung in Form eines Kulturfördergesetzes. Kultur muss Pflichtaufgabe werden. Dadurch können wir zum einen dem Rechtfertigungszwang Einhalt gebieten, dem Akteurinnen und Akteure im Kulturbereich gerade durch die klamme Haushaltslage der Kommunen in den letzten Jahren unterliegen mussten. Zum anderen wollen wir durch transparente Förderstrukturen Planungssicherheit für kreative Prozesse schaffen, unser reiches kulturelles Erbe bewahren und aktiv weiter entwickeln.
DIE LINKE. Thüringen steht für Förderstrukturen, die auch Raum bieten für natürlich gewachsene Vernetzungen und für Kreativität.
Wir wollen Kommunen und Landkreise bestärken, ihre kulturelle Diversität als überregionalen Brückenschlag zu benutzen und so auch im Dialog mit dem Land den Weg für Strukturen vorzubereiten, die in einem Kulturfördergesetz widergespiegelt werden können. Dies ist im Zuge des demografischen Wandels und besonders im ländlichen Raum wichtig, um die kulturelle Teilhabe für alle in Thüringen lebenden Menschen zu ermöglichen.
Das Land Thüringen verfügt über eine einzigartige, reiche Kulturlandschaft, deren Schutz und Pflege für uns Anspruch und Verpflichtung ist.
Wir bekennen uns ausdrücklich, auch über die jetzige Finanzierungsperiode hinaus, zu unseren Theatern und Orchestern an ihren jetzigen Standorten und ihrer künstlerischen Bandbreite.
Wir wollen unsere Museumslandschaft erhalten und sie in ihren vielfältigen Aufgaben stärker unterstützen sowie Programme zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses verstetigen.
Thüringens Bibliotheken sind Bildungs- und Kulturzentren und dadurch wichtige Anziehungspunkte für Jung und Alt in den jeweiligen Regionen. Sie sind daher besonders zu fördern.
Die Sozio- und Breitenkultur ist der Nährboden kultureller Teilhabe, denn sie ist ausschlaggebend dafür, dass Kultur für alle Menschen ohne Berührungsängste real wird. Jugendkunstschulen, Musikschulen, Kinder- und Jugendtheater und andere künstlerische und soziale Projekte und Initiativen leisten einen erheblichen Beitrag in unserer Gesellschaft, den es aus unserer Sicht gezielter zu fördern gilt. DIE LINKE. Thüringen wird daher das Projektmanagerprogramm ausbauen und verstetigen, die Förderdauer für Projekte auf mindestens 3 Jahre erhöhen und im Dialog mit den Akteurinnen und Akteuren auch eine Budgetförderung diskutieren. Darüber hinaus muss es aus unserer Sicht eine zielführendere Bündelung der Verantwortung zwischen Kultur- und Sozialministerium geben. Nur so kann auch eine Verbesserung der sozialen Lage vieler Kunst- und Kulturschaffender erreicht werden.
DIE LINKE. Thüringen bekennt sich zu den vielfältigsten kulturellen Aktivitäten im Freistaat, so z.B. zum Cranach-Jahr 2015, zur Luther-Dekade bis 2017 und zu den Bachwochen. Ebenso wollen wir das Bauhaus-Jubiläum im Jahr 2019 über Ländergrenzen hinweg unterstützen.
Verfolgung und Widerstand gehören zu den Grundbestandteilen der Erinnerungskultur in Deutschland. Wer auf sie zurückblickt, sollte sie in ihren Voraussetzungen, in ihrer Entwicklung und Entfaltung und zugleich auch in ihren Konsequenzen sehen. DIE LINKE. Thüringen wird darum eine Gedenk- und Erinnerungspolitik betreiben, die der vielfältigen Geschichte unseres Landes/unserer Region gerecht wird. Wir werden jene Stätten und Orte der Erinnerung unterstützen und fördern, die wie die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora die Opfer des deutschen Faschismus und den gegen ihn gerichteten antifaschistischen Widerstand in unserem Gedächtnis halten. Dieses dunkelste Kapitel deutscher und auch thüringischer Geschichte darf in seiner Singularität nicht relativiert werden, auch nicht durch das Diktum von den beiden deutschen Diktaturen im 20. Jahrhundert.
Die Gedenk- und Erinnerungspolitik der LINKEN in Thüringen orientiert vielmehr auf eine umfassende Geschichtsaufarbeitung, welche die historische Entwicklung nach 1945 in Thüringen in den gesamteuropäischen Kontext des 20. Jahrhunderts einordnet. Wir sind uns dabei aufgrund unserer eigenen Geschichte unserer eigenen politisch-historischen Verantwortung bewusst und unterstreichen, dass das im Namen der DDR geschehene Unrecht weder negiert noch relativiert werden darf. Deshalb werden wir die bestehenden Einrichtungen zur Erinnerung an die deutsche Teilung während des Kalten Krieges und die Opfer des Stalinismus in der DDR langfristig unterstützen und fördern, aber auch kritisch begleiten. Der Denkmalschutz ist für DIE LINKE. Thüringen ein wichtiges Gebiet unserer kulturpolitischen Arbeit, da wir die Gebäude, Schlösser, Burgen, Parks und Gärten als Zeitzeugen kulturhistorischer und gesellschaftlicher Epochen betrachten, die es zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen gilt. Daher wollen wir uns für eine Erhöhung der Mittel für die Denkmalpflege und für den Ausbau der personellen Ressourcen und der Forschungskapazitäten einsetzen.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft wollen wir stärker in den kulturpolitischen Blickpunkt rücken und ihre Potenziale nicht nur auf ihre Wirtschaftsleistung reduzieren. Dazu ist aus unserer Sicht eine engere Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Ministerien auf Landesebene und dem Bund nötig.
DIE LINKE. Thüringen wird sich dafür engagieren, Kulturarbeit durch neue Formen der Projektförderung zu unterstützen.

Medienstandort Thüringen ausbauen

DIE LINKE. Thüringen ist sich bewusst, dass Medienkommunikation und Information unsere Wissenshorizonte prägen und existenziell Grundfragen demokratischer Beteiligung berühren. Sie sollen Aufklärung und Bildung fördern, Bürgerinnen und Bürger zur Beteiligung an politischen Entscheidungen befähigen und stellen einen gesellschaftlichen Kontrollmechanismus dar. Medien müssen der Gesellschaft und dem Individuum die Möglichkeit geben, sich vielstimmig zu artikulieren.
Wir wollen die Aufgaben und den Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine Verbesserung und Weiterentwicklung der MDR- und ARD-Rundfunkstaatsverträge fortschreiben. Dabei muss der Empfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für alle bezahlbar bleiben, die Programme müssen ihren Bildungsauftrag erfüllen.
Im Ergebnis der Evaluierung des Rundfunkstaatsvertrages und eines etwaigen Überschusses von Rundfunkbeiträgen steht für uns die Wiedereinführung von Befreiungstatbeständen, eine ausreichende zukunftsorientierte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie die Senkung des Rundfunkbeitrages. Wir setzen uns für eine umfangreiche langfristige Unterstützung der Strukturen der Bürgermedien, weiterer alternativer Formen selbstorganisierter Medienprojekte und der lokalen TV-Anbieter in Thüringen ein.
Für DIE LINKE. Thüringen ist der Erhalt und Ausbau des Medienstandortes Thüringen ein zentrales Anliegen. Gemeinsam mit den Verantwortlichen wollen wir dafür ein zukunftsfähiges und langfristig angelegtes Konzept entwickeln.
Wir sehen angesichts der rasanten digitalen Entwicklung das Fördern des Lernens mit digitalen Medien und das Nutzen ihrer Unabhängigkeit von Ort, Zeit und Form als dringend notwendig an. Hierfür muss eine stärkere Einbindung von Internet und digitalen Medien in Bildungs- und Schulalltag erfolgen. Beginnend ab dem Vorschulalter sollen Medienkompetenz und der sozial verantwortliche Umgang mit Medien vermittelt werden und bis in die Erwachsenenbildung weitergeführt werden. Hierzu gehören auch die datenschutzrechtliche Kompetenz und technische Befähigung, bspw. zur Verschlüsselung schützenswerter Daten.
Jeder junge Mensch soll im Rahmen seiner schulischen Ausbildung Zugang zu einem internetfähigen Computer erhalten. Der kostenlose Zugang und offene Austausch von digitalen Lehr- und Lernmitteln nach „Open Educational Ressources“-Standards soll sichergestellt werden. Darüber hinaus machen wir uns dafür stark, die Entwicklung der Digitalisierung von Lehr- und Lernangeboten an den Hochschulen voranzutreiben. E-Learningsysteme und -angebote sind in Abstimmung zwischen den Hochschulen und durch die finanzielle Förderung des Landes auszubauen und so Nutzungshürden bestehender Angebote abzubauen, um die individualisierten Zugänge zu Lehr- und Lerninhalten sowie Bibliotheksbeständen und wissenschaftlichen Datenbanken zu erleichtern und zu ermöglichen.

Sportinfrastruktur erhalten und entwickeln

DIE LINKE. Thüringen betrachtet Sport als hohes Kulturgut. Er betrifft wichtige Querschnittsaufgaben sowohl in Bildungs-, Gesundheits-, Sozial- und Familienpolitik, Kinder- und Jugendpolitik als auch in Wirtschafts-, Umwelt- und Tourismuspolitik. Ziel der Sportförderung ist es, eine leistungsfähige Sportinfrastruktur zu erhalten und fortzuentwickeln. Dies gilt für Schul- und Breitensport und auch für den (Nachwuchs-)Leistungssport. Die Förderung umfasst ebenso Sportwissenschaften, Sportmedizin und Antidoping-Initiativen, insbesondere im Nachwuchsbereich.
DIE LINKE. Thüringen will, dass nicht gewinnorientierte Sportangebote für Kinder und Jugendliche, ältere Menschen und im Behinderten- und Rehabilitationssport garantiert sind – einschließlich der Ausbildung und fortlaufenden Qualifizierung von Übungsleitenden und Betreuenden. Um gerade Kindern und Jugendlichen Freude an Bewegung zu vermitteln, brauchen wir für den Breitensport ausreichend finanzierte Sportlehrerinnen und -lehrer, Trainerinnen und Trainer sowie Übungsleitende. Dies ist auch Grundvoraussetzung für Aufbau und Erhalt des Leistungssportes in Thüringen. Ehemaligen Spitzensportlerinnen und -sportlern des Landes sollen Angebote gemacht werden, sich verstärkt in die Nachwuchsarbeit einzubringen.
Wir sehen Sportförderung als Pflichtaufgabe der Kommunen, die den Breitensport u.a. über die Zusammenarbeit von Vereinen und Schulen ermöglichen müssen. Hier stehen auch Land und Bund in der Pflicht. Der Bund darf sich seiner Verantwortung für den Breitensport nicht länger entziehen. Eine entsprechende Initiative im Bundesrat ist notwendig.
Unabhängig von der allgemeinen Sportförderung setzt sich DIE LINKE. Thüringen für die Neuauflage eines Landesprogramms ein, mit dem Turn- und Schwimmhallen sowie Sportplätze besonders im ländlichen Raum saniert und neu gebaut werden. In Absprache mit dem Landessportbund wollen wir mittelfristig eine durch den Landeshaushalt festgelegte institutionelle Förderung, um den Sport und seine Organisationen stabil und nachhaltig zu finanzieren.

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