Rechte Immobilien

Bundesweit kaufen Vertreter der extremen Rechten Immobilien. Damit schaffen sie sich wichtige Infrastrukturen für ihre politische Arbeit. Die Häuser und Grundstücke werden für Vorträge, Treffen, Konzerte, als Geschäftsräume für rechtsextreme Versandhandel und zum Teil sogar als Orte für Zeltlager und Feste der Neonazi-Szene genutzt. Ein Hintergrund für das Bemühen der Neonazis, Immobilien selbst zu besitzen, sind die oftmals erfolgreichen Versuche demokratischer Akteure, Neonazi-Organisationen keine Räume in öffentlichen Gebäuden zu bieten. Zunehmend weigern sich auch Hotels und Gaststätten, an Neonazis zu vermieten. Auch in Thüringen gibt es eine Reihe von Immobilien, die von der neonazistischen Szene genutzt werden. Das Schützenhaus in Pößneck, die Wilhelmsburg und das Braune Haus in Jena, das Gutshaus in Fretterode und seit August diesen Jahres auch das Bürohaus „Europa Haus“ in Bad Langensalza. Daneben hat sich die im Privatbesitz befindliche Erlebnisscheune Kutz in Kirchheim als Veranstaltungsort für die unterschiedlichsten Strukturen der extremen Rechten etabliert.

Rittergut Guthmannshausen

Am 23. September informierte der nordrhein-westfälische „Vlothoer Anzeiger“, dass der rechtsextreme „Gedächtnisstätte e.V.“ am 17. und 18. September zu einem Vortragswochenende ins thüringische Guthmannshausen eingeladen hatte. Zwischen alten Bäumen liegt hier am Dorfrand das mehrgeschossige ehemalige „Rittergut“. Auf der Liste der Referenten stand auch Ursula Haverbeck, die „grande dame“ der deutschen Holocaustleugner. Sie war bis zum Verbot des Vereins im Jahr 2008 Vorsitzende des neonazistischen „Collegium Humanum“ (CH) in Vlotho. Der Nazikaderschmiede wurde in der Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums bescheinigt, die NS-Herrschaft glorifiziert und eine Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus aufzuweisen. Neben ihrer Aktivität im CH war Haverbeck auch bis 2003 Vorsitzende des ebenfalls in Vlotho gegründeten und teilweise unter gleicher Anschrift firmierenden „Gedächtnisstätte e.V.“. Eben jenem Verein, der nun offenbar im Rittergut Guthmannshausen residiert. In der Einladung zum Vortragswochenende im September schreibt der Vereinsvorsitzende Wolfram Schiedewitz: „(H)eute kann ich Ihnen endlich mitteilen, dass wir für unseren Verein eine neue Heimstatt gefunden haben, die allen Ansprüchen und künftigen Aktivitäten unseres Vereins gerecht wird! (…) Aber unser Ziel ist klar, wir wollen unseren Herrensitz auf dem ehemaligen Rittergut Guthmannshausen mit Leben füllen“. 2006 hatte der bereits 1992 gegründete Verein eine Immobilie nahe Leipzig in Borna bezogen, musste dort schließlich aufgrund von Protesten und Erbstreitigkeiten seinen Sitz wieder aufgeben.

Das Rittergut, das zuletzt als Staatliches Bildungsseminar für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt genutzt worden war, war zuvor im Besitz des Landes und mit hohem Aufwand saniert worden. Nun hatte das Land die Immobilie über das Thüringer Liegenschaftsmanagement (Thülima) offenbar an Rechtsextreme verkauft. Der Skandal war perfekt, als bekannt wurde, dass das Landesamt für Verfassungsschutz seit längerem die Kaufabsichten des „Gedächtnisstätte e.V.“ beobachtet und auch die vorgeschickte Käuferin Bettina Maria Wild-Binsteiner im Visier hatte, ohne jedoch den Verkäufer zu informieren. Seit wann der Verfassungsschutz sein Ohr an den Verkaufsverhandlungen hatte, ist unklar. Fakt ist aber, dass der Vereinsvorsitzende des „Gedächtnisstätte e.V.“, Schiedewitz, schon auf dem Naziaufmarsch am 19. Februar 2011 in Dresden öffentlich und im Internet nachlesbar erklärt hat, man hätte in „Mitteldeutschland“ einen neuen Sitz für die Gedächtnisstätte gefunden. Binsteiner entstammt einer stramm völkischen Sippe. Über ihre Aktivitäten konnte man in der Zeitschrift „Glauben und Wirken“ (2/2011) des rechten „Bund deutscher Unitarier“ lesen, wie Binsteiner zur Sommersonnenwende „germanische“ Riten verrichtet.

Die Thülima, das Finanzministerium, die zuständige Polizeidirektion wie die Verwaltungsgemeinschaft haben nie einen Hinweis vom Verfassungsschutz erhalten. Und so nahm das Geschäft seinen Lauf. Dem Land konnte es offenbar gar nicht schnell genug gehen, die Immobilie für 320.000 Euro loszuschlagen. So soll es auch noch einen Nachlass auf den Kaufpreis gegeben haben. Der „Gedächtnisstätte e.V.“ berichtete Ende August begeistert seinen Mitgliedern und Spendern, dass das Warten auf ein neues Domizil ein Ende habe. In dem Brief wird auch noch verkündet, dass man der durch die „Landsmannschaft Schlesien“ suspendierten rechtsextremen „Schlesischen Jugend“ auch neue „Heimstatt“ in Guthmannshausen bieten will.

Quelle: www.thueringenlinks.de

Erlebnisscheune Kutz in Kirchheim

Im Februar 2009 war die Erlebnisscheune Kutz in Kirchheim (Ilm-Kreis) erstmalig Tagungsort des NPD-Landesverbandes Thüringen, nachdem zuvor die Durchführung eines Landesparteitages zweimal scheiterte. Der Besitzer des Hotel- und Gastronomiebetriebes „Romantischen Fachwerkhofs“ hatte zuvor bereits mehrfach gedroht, sich die Rechtsextremen ins Haus zu holen. Hintergrund war ein Streit um bau- und gewerberechtliche Genehmigungen mit den Behörden. In den rechtsextremen Veranstaltern fand der Eigentümer nicht nur zahlende Mieter und eine aus seiner Sicht geeignete Provokation gegenüber den Behörden. Er fand vor allem auch inhaltlich gefallen daran, was sich künftig in seinen Hallen abspielen sollte. Das Thüringer Innenministerium geht inzwischen davon aus, dass der Eigentümer selbst Teil der rechtsextremen Szene ist.

Seit 2009 fanden mehrere Dutzend Versammlungen, Konzerte, Schulungen und Feiern statt. Die besondere Bedeutung des Hotels für die rechtsextreme Szene ergibt sich nicht nur aus der für keinen anderen Veranstaltungsort in der Form bekannten hohen Veranstaltungsfrequenz, sondern auch aus der Breite der Neonaziorganisationen, die diesen Ort nutzen. So reicht der Bogen der Veranstalter von Hendrik Möbus, der dort NSBM-Konzerte durchführte, über Patrik Weber (NPD/Germania-Versand) und Patrik Wiedorn (AN), die NS-Hardcore-Konzerte organisierten hin zu Meinolf Schönborn. Auch die NPD ist weiterhin regelmäßige Mieterin u.a. für Pressekonferenzen, Parteitage und Vortragsveranstaltungen z.B. zu Rudolf Hess. In wenigen Fällen löste die Polizei Konzerte auf, betroffen vorwiegend extrem rechte NSBM-Auftritte. Inzwischen haben sich die Organisatoren auf mögliche versammlungsrechtliche Schwierigkeiten eingestellt und die Veranstaltungen werden meist als „privat“ deklariert.

In der rechtsextremen Szene gibt es allerdings auch zunehmend Kritik vor allem an der Preisgestaltung. Es bleibt abzuwarten, welche Rolle der zentral gelegenen Lokalität zukünftig als Veranstaltungsort neben dem Schützenhaus in Pößneck und dem Europa-Haus in Bad Langensalza haben wird.

Bürohaus „Europa“ in Bad Langensalza

Seit Juli 2010 nutzen Thüringens NPD, eine Außenstelle des „Deutschen Stimme Verlags“ und der „Germania Versand“ gemeinsam ein Bürohaus in Bad Langensalza.

Am 19. Juli 2010 tagte erstmals der NPD-Landesvorstand in dem seit Jahren leerstehenden Gebäude. Zuvor einigte man sich mit den Eigentümern über eine Nutzungsüberlassung und einen späteren Kauf des Gebäudes durch die Rechtsextremen. Aufgrund der Finanzsituation ist nicht davon auszugehen, dass die NPD derzeit selbst Käufer des Gebäudes wird, sondern ein Geldgeber die Immobilie erwirbt und dem Rechtsextremisten zur Verfügung stellt.

Laut eigenen Aussagen im Rahmen einer Pressekonferenz soll das viergeschossige Gebäude für Tagungen und Veranstaltungen, darunter auch kleinere Konzerte, genutzt werden. Die zentrale Lage und der bestehende Platz für Übernachtung ermögliche in Bad Langensalza die Durchführung von NPD-Bundesvorstandssitzungen. Firmenschilder vor dem Haus weisen mittlerweile die neuen Nutzer aus: Die Landesgeschäftsstelle der NPD, die neonazistische Regionalzeitung „Der Nordthüringen Bote“, ein Regionalbüro des Verlags der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ und der „Germania-Versand“ des NPD-Funktionärs Patrick Weber. Der NPD-Materialdienst wird ebenso in das Gebäude einziehen.

Andere Nutzer, z.B. Rechtsanwälte aus der rechtsextremen Szene, werden zum Teil noch gesucht. Ende August 2010 fand erstmalig ein Konzert mit 125 TeilnehmerInnen statt.

Schützenhaus in Pößneck

Aktualisierung: Im Sommer 2011 kaufte die Stadt Pößneck das "Schützenhaus" zurück und beendet so die Nutzung der Immobilie durch Neonazis.

Im Jahr 2003 kaufte der bundesweit aktive Neonazi und Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Rieger das zentral gelegene Schützenhaus in der Friedensstraße in Pößneck. Er erwarb für 360.000 Euro die bis dahin als Diskothek und Gaststätte genutzte Immobilie als Geschäftsführer der „Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation“. Die in Großbritannien ansässige Stiftung geht auf den Bremer Spender Wilhelm Tietjen zurück, der sein Erbe an Rieger vermachte.

2005 fand im Schützenhaus der Thüringer NPD Landesparteitag statt. Im Anschluss gab Michael Regener, alias „Lunikoff“, Sänger der verbotenen Neonaziband „Landser“ dort sein Abschiedskonzert, bevor er seine Haftstrafe antrat. Etwa 2.000 Neonazis kamen zu diesem Konzert.

Danach wurde es für einige Zeit still um das Schützenhaus. Die Stadt Pößneck beziehungsweise das Landratsamt verweigerten die Erteilung von Konzessionen, da der Besitzer und das Betreiberehepaar Myrtha nicht in der Lage waren, bau- und nutzungsrechtliche Vorschriften einzuhalten.

Das endgültige Aus schien 2006 mit dem Erlöschen der Wilhelm-Tietjen-Stiftung in Großbritannien gekommen, nachdem Rieger den geforderten Geschäftsbericht nicht vorlegen konnte. Das Schützenhaus erhielt einen Zwangsverwalter. Das Vorhaben des Nachtragsliquidators das Gebäude zu veräußern, scheiterte jedoch am Urteil des Landgerichts Gera, das erhebliche Verfahrensfehler feststelle und einen Verkauf ohne Einverständnis Riegers unterband. Inzwischen ist die Wilhelm-Tietjen-Stiftung wieder hergestellt und die Entwicklung dieser rechtsextremen Immobilie ist vorerst offen.

Mit dem Tod Riegers war zunächst die Hoffnung verbunden, dass das „Schützenhaus“ künftig nicht mehr in den Händen verbleiben würde. Lange Zeit war unklar, wer das Gebäude als Erbe übernimmt. Zunächst wurde bekannt, dass die die rassistische „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“ das Erbe Jürgen Riegers antreten wird und das Gebäude als zukünftiger Eigentümer übernehmen wird.

Noch zu Lebzeiten erteilte der vermögende Bremer Wilhelm Tietjen Rieger den Auftrag, eine Stiftung beziehungsweise britische Gesellschaft seines Namens zu gründen. Dem kinderlosen Ex-Lehrer stand der Sinn nach einer baldigen „Gründung eines Instituts zwecks Mehrung der Träger elitärer Erbanlagen“ sowie die „Errichtung einer entsprechenden Spermienbank“. 2002 starb Tietjen, den Nachbarn als eigensinnigen „Waldschrat“ wahrgenommen hatten und hinterließ ein Testament, welches nun bei Aufräumarbeiten in Riegers Hinterlassenschaften gefunden wurde. Demnach war der Hamburger Neonazi-Anwalt und Chef des NPD-Landesverbandes zunächst „Testamentsvollstrecker“, dann Verwalter der Tietjenschen Millionen – allerdings in doppelter Eigenschaft als Geschäftsführer der britischen „Wilhelm Tietjen Stiftung Ltd“ sowie als Vorstandsmitglied der einzigen Erbin, der „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V.“.

Auf dem 9. Thüringentag der nationalen Jugend am 12. Juni 2010 verkündete der Rechtsextremist Thomas Wulf an, als Direktor der Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation Ltd. nunmehr die Eigentümerrechte an dem Gebäude wahrzunehmen und notwendige Baumaßnahmen zur Erfüllung insbesondere brandschutzrechtlicher Vorgaben durchführen zu wollen. Derzeit sei das Objekt an den Thüringer rechtsextremen André Kappke vermietet.

Vieles scheint im Zusammenhang mit dem Nachlass Riegers immer noch im Unklaren. Sicher ist aber, dass der ehemalige Tietjen-Besitz in Pößneck weiterhin im Besitz von Strukturen der extremen Rechten verbleiben wird.

Im Jahr 2009 veranstalteten Rechtsextreme im Schützenhaus die Veranstaltung „Nutze die Möglichkeit – Lausche derErlebnisgeneration“ statt. Ein angemeldetes Konzert für 200 Teilnehmer im Schützenhaus wurde nach einer Kontrolle des Brand- und Katastrophenschutzes auf mögliche Gefahren verboten.

Im Jahr 2010 fand u.a. ein Konzert mit internationalen rechtsextremen Bands im Hof des Schützenhauses mit etwa 200 Teilnehmern statt, ein anderes Konzert konnte im Februar als private Feier deklariert im Gebäude ungestört stattfinden. Ein drittes geplantes Konzert wurde im Vorfeld durch die Polizei verhindert. Das für September 2010 angekündigte Fest der Völker wurde abgesagt, nachdem es im Jahr 2009 mit etwa 400 Teilnehmern in Pößneck stattgefunden hatte.

Im Sommer 2011 kaufte die Stadt Pößneck das "Schützenhaus" zurück und beendet so die Nutzung der Immobilie durch Neonazis.

Braunes Haus in Jena

Die NPD-Jena und unabhängige Rechtsextremisten traten Ende 2001 mit der Forderung nach einem „Nationalen Jugendzentrum“ in Jena an die Öffentlichkeit. Nachdem die Stadt die Unterstützung verweigerte, bauten einschlägig bekannte Neonazis eine ehemalige Gaststätte in der Jenaischen Straße in Jena-Lobeda zu einem sogenannten „Nationalen Zentrum“ aus.

Dort finden Schulungen der NPD, Treffen der rechten Szene z.B. mit Horst Mahler oder Gerd Ittner statt. Das Haus hat sich zu einem überregionalen Nazitreffpunkt entwickelt.

In Lobeda gründete sich sehr frühzeitig eine Initiative engagierter Bürger, die sich gegen das rechtsextreme Wohn- und Schulungshaus wandten. Mit vielfältigen Aktionen wurde in den letzten Jahren auf die Bedeutung des Neonazihauses und seine Bewohner aufmerksam gemacht. In diesem rechtsextremen Hausprojekt wohn(t)en seit 2002 die bekannten Neonazis André Kapke, Ralf Wohlleben und der rechtsextreme Liedermacher Maximilian Lemke.

Im Braunen Haus finden Treffen regionaler wie bundesweiter Strukturen der JN , Schulungsveranstaltungen der NPD und der sogenannten Freien Kräfte statt.

Die Stadt Jena hat behördlich ein Nutzungsverbot für das Gebäude wegen bestehender baulicher Mängel ausgesprochen, so dass umfangreiche Sanierungsarbeiten notwendig werden würden. Gegenwärtig werden in rechtsextremen Strukturen Spenden gesammelt, um den Veranstaltungsort wieder nutzen zu können. Auf dem zum Haus befindlichen Grundstück finden unterdessen weiterhin regelmäßig Veranstaltungen statt, so beispielsweise im September 2010 ein sogenanntes Erntedankfest, bei dem Rechtsextreme dem „Ahnenkult“ frönten.

In die Schlagzeilen ist das „Braune Haus“ geraten, nachdem bekannt wurde, dass im Zusammenhang mit einem verhinderten Brandschlag auf einen Bus, der von einer LINKE-Landtagsabgeordneten regelmäßig genutzt wird, im Gebäude durch die Polizei nach Sprengstoff gesucht wurde. Bereits vor einige Jahren wurden Hinweise aus der rechtsextremen Szene bekannt, nach denen in dem Haus Waffen gelagert werden würden.

Gutshaus Hanstein in Fretterode

Der bekannte niedersächsische Rechtsextremist Thorsten Heise kaufte mit Hilfe seiner Ehefrau im Dezember 1999 das bis dahin als Pflegeheim genutzte Gutshaus in der Dorfstraße von Fretterode. Der ehemalige Landesvorsitzende der „Freiheitlichen Arbeiterpartei“ (FAP) für Niedersachsen wurde mehrfach wegen einschlägiger Straftaten verurteilt und war Kameradschaftsführer in Northeim (Niedersachsen). Nach seiner Haftentlassung im Jahr 2002 fanden in dem Herrenhaus wöchentliche Kameradschaftsabende der neonazistischen „Kameradschaft Nordheim“ und später der „Kameradschaft Eichsfeld“ statt.

In Fretterode wickelt Thorsten Heise auch sein Großhandelsgeschäft für Tonträger aus dem Bereich des RechtsRocks, rechtsextremer Lifestyle-Produkte und Militaria unter dem Label „WB Records“, beziehungsweise „WB Versand“ ab. Dahinter verbirgt sich ein großangelegter Handel mit Skinheadmusik auch aus dem Umfeld des verbotenen „Blood+Honour“-Netzwerkes, für den sich inzwischen mehrfach das Bundeskriminalamt, die Polizei und die Staatsanwaltschaften interessierten. So beschlagnahmten Ermittler auf dem Frankfurter Flughafen im März 2003 eine Sendung mit rund 5.000 CDs mit volksverhetzendem Inhalt aus Thailand, deren Besteller Heise gewesen sein soll.

Im August 2008 wurde Heise dann in dieser Sache vom Landgericht Göttingen zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Daneben fand 2003 eine Durchsuchung seines Hauses wegen des Verdachts des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, des Verwendens deren Kennzeichen, der Volksverhetzung etc. statt. Dabei wurden diverse Geschäftsunterlagen, CDs, sowie Patronen, zwei Gewehre, eine zerlegte Maschinenpistole, ein Maschinengewehr und eine Stielhandgranate sichergestellt.

Mehrere der von Heise produzierten CDs wurden wegen ihres volksverhetzenden oder aggressiv rassistischen Inhalts von der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften“ auf den Index gesetzt. Eine weitere Razzia 2007 förderte erneut Waffen und CDs mit verbotenem Inhalt zu Tage. 2006 ließ Heise das von Unbekannte zerstörte Ehrenmal der „1. SS-Panzer Division Leibstandarte-SS Adolf Hitler“ aus dem rheinlandpfälzischen Marienfels nach Thüringen bringen und errichtete dieses auf seinem Grundstück wieder. Heise war von 2004 bis 2007 auch Mitglied im NPD Bundesvorstand und bis 2008 Mitglied im NPD-Landesvorstand.

AntifaschistInnen haben schon frühzeitig auf diesen Immobilienkauf im Eichsfeld hingewiesen. Die Kommune hat bisher keine öffentliche Stellung bezogen. Vielmehr äußerte sich der damalige Bürgermeister von Fretterode, Frank Wedekind, im Oktober 2002 gegenüber der „Thüringer Allgemeinen“ wie folgt: „Der (Heise) wird bei uns genauso behandelt wie jemand, der hier Urlaub macht.“

Heise wird eine gute Integration in das Dorfleben und beste Kontakte zu den lokalen politisch Verantwortlichen nachgesagt. Kritiker der Ansiedlung Heises und seines politischen Treibens trauen sich kaum oder nicht an die Öffentlichkeit.

Wilhelmsburg in Jena

Der Besitzer des in Bahnhofsnähe in der Jenaer Schleidenstraße gelegenen Gründerzeithauses ist Wilhelm Tell. Der Rechtsextreme war Kreisvorsitzender der Partei „Die Republikaner“ (REP) und war Mitglied im Landesvorstand dieser Partei. Er hatte das Gebäude der „Jenaischen Burse“ zur Nutzung überlassen. Zum Vorstand dieses Vereins zählten neben Tell auch Dr. Heinz-Joachim Schneider (REP-Landesvorsitzender) und Peter Dehoust aus Coburg, Chefredakteur und Herausgeber der neofaschistischen Zeitschrift „Nation+Europa“.

Tatsächlicher Nutzer des Hauses war bis 2006 die rechtsextreme „Burschenschaft Normannia“. Interessierte wurden zum Beispiel über die „Nation+Europa“ geworben. Darin waren Anzeigen geschaltet, in denen „patriotische Studenten“ gesucht wurden, denen feste Gemeinschaft, preiswerte Zimmer und Unterstützung angeboten werden. Das Haus wird als Wohnhaus für entsprechende Personen genutzt.

Daneben fanden vielfältige Veranstaltungen aus dem rechtsextremen Bereich statt. 2006 kündigte Wilhelm Tell auf Grund starker öffentlicher Proteste und Aktionen gegen das rechtsextreme Wohnprojekt den Mietvertrag mit dem Tarnverein der „Normannia“. Die „Jenaische Burse e.V.“ führt seither ihre Veranstaltungen im sogenannten „Braunen Haus“ in Jena-Lobeda durch und ist auf der Suche nach einem neuen Domizil. Geführt wird der Verein nun von dem Thüringer Neonazi Hans-Hermann Höll.

Weitere durch Rechtsextreme genutzte Veranstaltungsorte

Viele Jahre wurde die in der Theo-Neubauer-Straße gelegene Landgasthof „Frische Quelle“ in Mosbach von bundesweit agierenden Neonazis und rechtsextremistischen Organisationen als Versammlungsraum und Schulungszentrum genutzt.
Anfang des Jahres 2000 fand in Mosbach ein Kameradschaftsabend unter der Leitung eines NPD-Mitgliedes aus Eisenach sowie eine Saalveranstaltung der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) und eine Diskussionsrunde der „Deutschen Volksunion“ (DVU) statt.

2001 veranstalteten dann „Kritische Nationalisten innerhalb und außerhalb der NPD“ in der „Frischen Quelle“ ihren „4. Strategiekongress“, an dem etwa 100 Personen teilnahmen. Die „Deutsche Akademie“ nutzte im Jahr 2002 die Gaststätte für ein Winterseminar, unter den Teilnehmern waren der NPD-Chef Udo Voigt und der Holocaust-Leugner Horst Mahler. Letzterer bot zusammen mit Reinhold Oberlechner regelmäßig mehrmals im Jahr ihre Wochenendseminare des „Deutschen Kollegs“ in Moosbach an.
Im Oktober 2005 fand ein Seminar der so genannten „Reichsbewegung unter dem Motto: „Warum wurde das von Adolf Hitler geführte Deutsche Reich“ von den Westmächten zusammengeschlagen?“ statt. Die Leiterin des jüngst verbotenen rechtsextremen „Collegium Humanum“ in Vlotho Ursula Haverbeck sowie die Holocaust-Leugner Bernhard Schaub und Horst Mahler gehörten zu den Referenten. 2006 nutzte die JN die Räumlichkeiten für eine Schulung. Mehrere weitere Veranstaltungen folgten in dem Jahr. Auch das inzwischen verbotene „Collegium Humanum“ fand hier Unterschlupf. Es führte hier im Oktober 2006 eine Veranstaltung durch, in dessen Verlauf auch der NSDAP-Propagandafilm „Jud Süß“ gezeigt wurde.
In der jüngeren Vergangenheit wurden keine Veranstaltungen mehr im Moosbach bekannt.

Seit einigen Jahren nutzt die rechtsextreme „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ das Hotel „Hufhaus“ in Ilfeld (Landkreis Nordhausen) für ihre regelmäßig stattfindenden Frühjahrs- und Herbstagungen, an denen meist 100 Rechtsextreme teilnehmen. An einer von der Artgemeinschaft organisierten Sonnenwendfeier im Juni 2010 nahmen etw2a 250 Menschen teil. Auch der Verein „Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V. des ehemaligen NPD-Vorsitzenden Günter Deckert nutzt das Hotel „Hufhaus“ zur Durchführung der „Tage Deutscher Gemeinschaft“.